Quellenhinweis:Dieser Artikel wurde von BZ Online übernommen
Die finanzielle Lage der Stadt Zell ist angespannt – unter anderem aufgrund hoher Steuermindereinnahmen. Die SPD-Fraktion drängt darauf, zwei ohnehin sanierungsbedürftige städtische Gebäude zu verkaufen. Für die Flüchtlinge und Obdachlosen, die derzeit dort leben, müssten alternative Unterbringungsmöglichkeiten gefunden werden. Das Bürgerforum möchte die Gebäude nicht so ohne weiteres verkaufen – und fordert eine Gesamtkonzeption.
Die finanzielle Lage der Stadt Zell bereitet der SPD-Fraktion große Sorgen. "Der Stadt ist es weder gelungen, den Haushalt 2020, noch den Haushalt 2021 auszugleichen", gab Fraktionssprecher Thomas Kaiser am Montagabend in der Gemeinderatssitzung zu bedenken. Im Bereich der Kleinkindbetreuung stünden wichtige Investitionen an, die nicht aufgeschoben werden dürften. Wenn sich die Finanzsituation der Stadt nicht verbessere, befürchte die SPD, Kürzungen von Freiwilligenleistungen und kräftige Gebührenerhöhungen. "Und das wollen wir vermeiden", betonte Kaiser.
Ende April hatte die SPD den Antrag gestellt, den Gemeinderat über den Verkauf zweier städtischer Gebäude beraten zu lassen. Am Montag stand das Thema nun auf der Tagesordnung. Wie Bürgermeister Peter Palme erklärte, handele es sich konkret um die Gebäude in der Schönauer Straße 30 und Bahnhofstraße 22 (mit danebenliegendem Grundstück). Bei Letzterem hatte auch schon die CDU-Fraktion einen Verkauf angeregt. Bürgermeister Palme gab zu bedenken, dass beide Häuser derzeit als Flüchtlings- und Sozialunterkünfte genutzt würden. Indes müsse man berücksichtigen, dass aufgrund einer neuen Zuweisung des Landratsamtes die Stadt Zell bis Jahresende noch sieben weitere Personen aufnehmen müsse. Bei einem Verkauf der Gebäude müsste die Stadt also für 33 Personen eine alternative Wohnunterbringung suchen.
Für die Schönauer Straße 30 gebe es einen Kaufinteressenten, der an die derzeitigen Bewohner weitervermieten würde, entgegnete Kaiser. Dort handele es sich um Obdachlose, nicht um Flüchtlinge. Und beim Thema Flüchtlinge favorisierten die Sozialdemokraten ohnehin eine dezentrale Unterbringung. Man stehe in engem Kontakt mit der Baugenossenschaft Zell, die in Kürze den Ankauf von weiteren Wohnungen im städtischen Bereich plane – und der Stadt Zell entsprechenden Wohnraum stellen würde.
CDU-Fraktionssprecher Matthias Kiefer unterstützte den SPD-Antrag. Die sanierungsbedürftigen Häuser sollten allerdings "gewinnbringend" verkauft werden, es müsste also im Falle eines Verkaufs geklärt sein, dass sie auch saniert würden, "die Häuser sollen kein Schandfleck bleiben." Wie auch Kiefer fehlten Einar Decker (Freie Wähler) Fakten. Der Gemeinderat müsse nun über das weitere Vorgehen entscheiden, ohne genaueres über Kaufpreis und Haushaltsauswirkungen zu kennen. "Aus diesem Grunde haben wir den Beschlussvorschlag sehr weit formuliert", sagte daraufhin Palme.
"Wir sehen auch die finanziell angespannte Lage der Stadt", sagte Bernhard Klauser, Fraktionssprecher des Bürgerforums. Jedoch könne über den Verkauf der beiden Gebäude nicht entschieden werden, solange es keine Gesamtkonzeption gebe. "Die Zukunftswerkstatt muss nun endlich in Gang kommen", sagte Klauser in Richtung der Verwaltung. Das Bürgerforum hatte in jüngster Zeit mehrfach darauf gedrängt, dass die im Rahmen der Innenstadtentwicklung eingerichtete Arbeitsgruppe "Zukunftswerkstatt" die Arbeit aufnehme.
Mit Gegenstimmen der vier Bürgerforum-Ratsmitglieder und einer Enthaltung von Einar Decker beauftragte der Gemeinderat die Verwaltung, den Verkauf eines oder beider Gebäude sowie die Möglichkeiten der Umsiedlung der Bewohner zu prüfen. Indes sollten die Ergebnisse in die Haushaltsplanung 2022 eingebracht werden.